Teilnahme swt Umweltpreis 2019
Dennis Jetter2022-10-22T17:34:53+02:00Gerne würden wir Ihren Betrieb kurz kennenlernen. Erzählen Sie uns doch, was genau Sie überhaupt machen.
Nomen est omen – unser Name „Kreislauf“ steht für das Wertrecycling historischer Kulturgüter. Oft mühevoll, zu oft in letzter Minute, retten wir aus unumgänglichen Abrissen historische Baustoffe zur Wiederverwendung. Diese Bergungsaktionen sind aufwendig, aber auch teils spannend. Wir begegnen vor Ort unvergleichlichen Atmosphären, baulichen Zusammenhängen, maroder Vergänglichkeit, menschlicher Gleichgültigkeit und früherer Handwerkskunst. Angeboten werden als Wertrecycling historische Baustoffe für Haus und Garten in Zweitverwendung. Insbesondere gilt der Hintergrund, frühere handwerkliche Erzeugnisse von bleibendem Wert im Sinne einer kulturellen Leistung als auch einer Ressource in unserer schnelllebigen Zeit erleb- und nutzbar zu machen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, im Wesentlichen ein Vollsortiment historischer Bauelemente anzubieten. Unser Domizil ist eine denkmalgeschützte Fabrikanlage des bekannten Architekten Philip Jacob Manz in der Dettinger Strasse in Kirchheim. Auf über 2.000 m² Ausstellungsfläche präsentieren wir seit über 20 Jahren und in zweiter Generation historische Bauelemente aus den vergangenen vier Jahrhunderten für Haus und Garten. Der Kundenkreis setzt sich aus Privatpersonen, Kommunen, Architekten, Restauratoren und Museen zusammen. In erster Linie werden am historischen Baubestand Ergänzungen wie auch Reparaturen durchgeführt oder sehr spezielle Gestaltungen verfolgt bis hin zu Requisiten bei Theater- und Filmproduktionen.
Sie bewerben sich beim swt-Umweltpreis 2019. Welches ökologische Engagement Ihres Betriebes liegt Ihnen besonders am Herzen?
Ein großer Teil von Bauabfällen entsteht beim Gebäudeabbruch. Gerade auf dem Bausektor mit einem hohen Materialanteil an modernen Verbundstoffen kommt dem ökologischen Aspekt des Wertrecyclings originaler Baustoffe hohe Bedeutung zu. Die Bewahrung von Kulturgütern ist eine Verpflichtung. Diese am angestammten Ort zu erhalten, ist oberste Zielsetzung. Ist durch einen Abriss der Verlust von Kulturgütern unumgänglich, fühlen wir uns verpflichtet, durch selektiven Rückbau Baumaterialien zu bergen. Vorindustrielle Erzeugnisse sind Produkte handwerklicher Arbeit. Sie tragen die Spuren menschlicher Tätigkeit und handwerklichen Geschicks. In der vergänglichen Materie ist als bleibender Wert die Tradition und die Ästhetik eingebunden. Individuelle Einzelleistung steht anstelle industrieller Norm, regionale Baukultur anstatt uniformierter Monotonie. Es ist uns ein Anliegen diese Kulturgüter für die Region zu bewahren. Türen, Fenster, Zäune, Parkette und Dielen sind Zeugen ihrer Epoche. Durch Wiederverwendung werden Ressourcen geschont und Energie gespart. Die Abfallmengen werden verringert und durch den regionalen Einsatz werden Umweltverschmutzungen reduziert. Für wiederverwendete Dachziegel muss keine Energie im Brennofen aufgewendet werden. Für Holzdielen in Zweitverwendung sind keine Bäume mehr zu fällen. Dafür steht der Begriff Wertrecycling, anders dagegen das gebräuchliche Materialrecycling, bei dem mit einigem Energieaufwand Baustoffe in Massenbaustoffe umgewandelt werden.
Was genau möchten Sie mit Ihrem Engagement bewirken?
Die Vernichtung von historischer Bausubstanz ist unvermindert eine traurige Realität. Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht die Erhaltung von Kulturgütern und die Schonung von Ressourcen. Dies gilt es seit Jahrzehnten transparent zu machen und diese Wertschätzung zu vermitteln. Eine ganz besondere Bedeutung kommt den historischen Baumaterialien zu. Sie sind aus alter handwerklicher oder historisch industrieller Fertigung bis etwa in den Anfang des 20. Jahrhunderts. Diese Materialien gehen beim Abriss in aller Regel unwiederbringlich verloren, wenn sich niemand um den Erhalt dieses kulturellen Erbes kümmert. Moderne Industriebaustoffe sind überregional einheitlich und genormt. Perfekte Maschinen stellen präzise und massenhaft Baumaterialien her. Ob Dachziegel oder Haustüren, ob in Bayern oder in Hamburg, die Kataloge haben oft nichts anderes zu bieten als Monotonie und Langeweile. Lokale Produzenten können nicht mehr konkurrieren. Historische Materialien wurden dagegen an unterschiedlichen Standorten mit verschiedenen Methoden gefertigt. Sie sind vielfältig in Form, Farbe, Werkstoff und Bearbeitungstechnik. Sie stellen ein wichtiges Zeugnis regionaler Handwerkskunst dar. Sie sind Kulturgüter. In ihnen steckt Individualität und handwerkliche Geschicklichkeit, die es vor Abrissbirne und Container zu bewahren gilt. Mit unserem Engagement handeln wir genauso, wie in der Vergangenheit unzählige Generationen zuvor: erhalten, reparieren, verändern, nur nichts Wertiges wegwerfen.
Die Praxis ist meist schwieriger als die Theorie. Welchen unerwarteten Herausforderungen mussten Sie sich stellen und welche Rückschläge mussten Sie ggf. sogar verkraften?
Wir sind eine Wegwerfgesellschaft geworden. „Das ist doch zum Wegwerfen viel zu schade!“, dieses Bedauern hört man immer seltener. Kreislauf ist keine Abbruchfirma. Historische Materialien können nur selektiv geborgen und vertrieben werden. Vor diesem Hintergrund erstreckt sich unser Tun längst nicht mehr regional, die Wege und Bezugsquellen sind überregional und werden zunehmend international. Entscheidend dabei ist immer, ob der Einsatz wirtschaftlich sinnvoll und vertretbar ist. Auf der Angebotsseite haben wir – dem gegenüberstehend – die Situation, dass der Lagerbestand stets veränderlich und nicht beeinflussbar ist, da je nach Abbruchaufkommen unterschiedliche Materialien freigesetzt werden. Demzufolge ist nicht alles zu jeder Zeit und in beliebiger Anzahl verfügbar. Die Schnelllebigkeit und Anonymität des „World Wide Webs“ führt immer stärker zu einer einseitigen Kommunikation. Wir geben uns Mühe, jede Anfrage zu bearbeiten. Leider werden unsere Mühen häufig mit reaktionsloser Funkstille belohnt oder man erhält die lapidare Aussage, eine scheinbar vergleichbare Haustüre um ein paar Euro im „Netz“ billiger gesehen zu haben. Wir führen Unikate und keine Katalogware. So mancher „Hand“-Werker ist, besonders in der heutigen Zeit des Baubooms mit all seinen immer absurderen Auswirkungen, nicht bereit und in der Lage, „das alte Glompp“ anzufassen – der schlauer Vertreter mit seinem bunten Katalog wartet schon.
Ist Ihr hier präsentiertes Engagement in eine Gesamtstrategie eingebettet, um Ihr Unternehmen nachhaltiger aufzustellen? Falls ja, welche Aspekte beinhaltet sie?
Die Bewahrung und Förderung einer regionalen Baukultur mit alten und auch neuen Mitteln ist das Anliegen. Unserer Meinung nach ist das Prinzip der Nachhaltigkeit als unternehmerischer Grundsatz gerade dann erreicht, wenn Gegenstände, die oft Generationen zuvor gewonnen und hergestellt wurden, vor Verlust geborgen und sinnvoll wieder eingesetzt, bestenfalls dann an weitere Generationen nach uns weitergegeben werden. Unser gesamter Warenbestand basiert auf diesem Prinzip.
„Mauerstein bleibt Mauerstein – Parkett bleibt Parkett – Gitter bleibt Gitter“.
Der Umweltgedanke ist mit der Wiederverwendung historischer Materialien (Ressourcenschonung des Kulturgut historischer Baustoffe) und bei der Verwendung nachhaltiger Neumaterialien (Bewusstsein zu unbedenklichen Baustoffen) beinhaltet. Wir engagieren uns mit diesem Themen seit vielen Jahren, haben viel Zustimmung erfahren und gelernt, dass noch viel zu tun ist. „Edelsteine verlieren nichts an Wert, wenn sie auch im Staube liegen“ (Johann Andreas Blaha)